ESSAY-
Essay-
Das Wunder bewusster Atmung
© Bernd Helge Fritsch
Schon lange vor unserer Zeitrechnung wurde die besondere Bedeutung des bewussten Atems für Wohlbefinden und spirituellen Fortschritt erkannt und gelehrt. In den Anapanasati sutras (Lehrsätze über den bewussten Atem) beschreibt Buddha vor rund 2500 Jahren, wie der Schüler bewusste Atmung praktizieren soll:
>>Lang einatmend wissen wir: „Ich atme lang ein“, lang ausatmend wissen wir: „Ich atme lang Aus“. Kurz einatmend wissen wir: „Ich atme kurz ein“, kurz ausatmend wissen wir: „Ich atme kurz Aus“…
Wir üben so: „Einatmend beruhige ich die körperlichen Gestaltungen.“ – „Ausatmend beruhige ich die körperlichen Gestaltungen.“
Wir üben so: „Einatmend erlebe ich Freude. Ausatmend erlebe ich Freude.“
„Einatmend erlebe ich Glückseligkeit. Ausatmend erlebe ich Glückseligkeit.“ usw.<<
Welchen Sinn macht die Beobachtung des Atems? Die wohltuende Wirkung des bewussten Atems kann jeder sofort bei sich feststellen, indem er einfach „jetzt“ seinen Atem aufmerksam beobachtet.
Wenn wir unsere Achtsamkeit, sowohl bei unseren täglichen Aktivitäten, als auch bei der Meditation, auf unseren Atem lenken, so unterbrechen wir den Strom der rastlosen Gedanken. Wir werden präsenter und gelangen in einen ruhigen, ausgeglichenen Seelenzustand. Das wirkt sich wiederum positiv auf den Rhythmus unseres Atems aus. Es fällt uns darauf hin leichter unsere Gedanken zu zähmen und unsere Wachheit zu intensivieren.
Du kannst deinen Atem einfach nur beobachten ohne ihn verändern zu wollen. Du kannst
aber auch mit deinen Atem spielen, beispielsweise indem du ganz langsam so tief wie
möglich ein und sodann ebenso langsam tief ausatmest. Du trittst so in eine engere
Verbindung mit deinem Körper und förderst die Sauerstoff-
Unser Atem ist eng verbunden mit unseren Gefühlen. Wenn wir uns ärgern, aufgeregt
oder nervös sind, verändert sich unser Atemrhythmus. Der Atem wird flacher, rascher
und unruhiger. Hingegen bewegt sich unser Atem ruhig, tief und harmonisch, wenn wir
entspannt und ausgeglichen sind. Durch Atembeobachtung beenden wir die Identifikation
mit unseren jeweiligen Gefühlszustand. Wenn jemand von Emotionen, wie Wut, Ärger,
Angst, Verzweiflung, geplagt wird, so stellt sich sofort Erleichterung ein, wenn
er seine Aufmerksamkeit auf das Ein-
In etlichen Sprachen hat das Wort „Atem“ die gleiche Bedeutung wie „Geist“. So zum
Beispiel im englischen „spirit“, im griechischen „pneuma“, im lateinischen „spiritus“
und im hebräischen „ruach“. Das weist auf die besondere Verbindung des Ein-
Durch unkontrolliertes, zwanghaftes Denken verschwenden wir Prana. Wir atmen es zwar
ein, können es jedoch gewissermaßen nicht behalten und verlieren es zum Großteil
wieder beim Ausatmen. Durch Beobachtung des Atems stoppen wir unseren Gedankenfluß
und damit den Prana-
Durch Konzentration/Meditation lernen wir aus der gewöhnlichen Gedankenmühle auszusteigen,
wir lösen uns von Gedanken-
Mit dem bewussten Atmen verbinden wir uns mit der unendlichen Intelligenz unseres Körpers. Unser Körper ist eine wichtige Stütze um Präsenz zu verwirklichen. Diese Präsenz öffnet uns das Tor zur Essenz. Unter Essenz verstehen wir unseren unvergänglichen, mit „Licht, Freude und Liebe“ andeutungsweise beschreibbaren Wesenskern.
In der Meditation spielt die Atembeobachtung eine besondere Rolle. Atem-
Die höchsten Stufen der Meditation werden dann erreicht, wenn wir ohne Stütze durch
Gedankeninhalte oder Bilder gegenwärtig sein können. Wenn alle Identifikationen mit
Körper, Namen, Vergangenheit aufgehoben sind, begegnen wir der „großen Leere“, die
letztlich das allumfassende „Eins-
Auch in den Evangelien finden wir einen Hinweis auf die „große Leere“ mit der „Jesus“ offenbar verbunden war. Er beschreibt diesen, seinen eigenen Zustand der „Nichtidentifikation“ mit den Worten:
„Die Füchse haben ihre Höhlen, und die Vögel unter dem Himmel haben ihre Nester;
aber der Menschen-
Er spricht diese Worte zu einer Person, die ihm als sein Jünger nachfolgen will.
Doch nur wer zur „großen Leere“, zu einer tiefgreifenden Bewusstseins-
In der indischen Mythologie wird das Ein-
Mit jedem Atemzug verbinden wir uns mit dem universellen Sein. Der Atem verbindet alle Wesen. Die Pflanzen, die Tiere, die Menschen alle teilen sich den Hauch des Lebens, den großen Spirit. Es gibt nur „ein“ Leben und das bist du, das bin ich. In der „Wirklichkeit“ gibt es keine Trennung, kein außen und innen, kein dein und mein, sondern nur eine wunderbare alles umfassende Symphonie.
Bernd Helge Fritsch