ESSAY-
Essay-
Loslassen vom Ego = Verlust der Persönlichkeit?
© Bernd Helge Fritsch
Bei unserem letzten Seminar im Kloster Wernberg war ein junger Mann dabei, der seine
Sorge äußerte, er würde durch den Weg der „Achtsamkeit“ und der „reinen Wahrnehmung“,
wie ich ihn beschrieben habe, nicht nur sein Ego-
Diese Sorgen und Fragen betreffen im Kern eines der tiefsten Geheimnisse des menschlichen
„Seins“. Hinduistische, buddhistische, alt-
Wenn man alle Verschiedenheiten der Perspektive beiseitelässt, sind sich alle, die ihr wahres „Selbst“ erkannt haben, darin einig: Wir sind nicht nur Kinder Gottes, sondern wir sind auch „Eins“ mit ihm. Wir sind sowohl individuelles Bewusstsein als auch universelles Bewusstsein. Wir sind zugleich Bodhisattva (Erleuchtungswesen) und Buddha (allumfassende Weisheit). Wie Shankara sagt, ist Atman (die Einzelseele) identisch mit Brahman (der Ursprung allen Seins). Für den Verstand sind dies Paradoxa – einander widersprechende Gegensätze. Der Verstand sagt: „Ich kann nicht eine individuelle Person und zugleich Alles sein. Nur durch eine entsprechende Innenschau (Meditation), nur in der „lebendigen Stille“ hinter den Gedanken, jenseits von Worten können wir erfahren, was es bedeutet identisch sowohl mit dem „Ichbewusstsein“ UND mit dem „Allbewusstsein“ zu sein.
Die ursprüngliche Einheit der Menschen mit dem Universum wurde vor vielen tausend
Jahren durch das Entstehen eines dualen Bewusstseins beendet. Dieser „Sündenfall“
der Menschheit war notwendig um individuelles Bewusstsein zu ermöglichen. Es entstand
für unser Bewusstsein eine Grenze zwischen Ich (Körper und Mind) einerseits und der
übrigen Welt. Mit dem Verlust der Einheit mit dem Ganzen (Gott, Buddha, Brahman,
Allah) konnte etwas radikal Neues entstehen, was uns wesentlich von der übrigen Natur
(Mineralstoffe, Pflanzen, Tiere) unterscheidet. Jeder Mensch wurde zu etwas Einmaligem,
Einzigartigem – zu einer unverwechselbaren Individualität -
Der Preis dafür war ebenso hoch wie der Gewinn. Durch diese innere Trennung vom „Eins-
Damit Individualität Unvergänglichkeit erlangt und dadurch, wie man so schön sagt,
„erleuchtet wird“, ist die Wieder-
Der Gewinn durch die Früchte des „Baumes der Erkenntnis von gut und böse“ hat nur dann wirklichen Wert, wenn wir auch zum „Baum des ewigen Lebens“ vordringen (1.Mose 3,22). Dazu müssen wir nicht unsere Individualität, unsere Persönlichkeit, unsere Freude am Leben ablegen. Denn diesfalls wäre unsere lange und oft schmerzhafte Reise, wie zuvor beschrieben, ohne Sinn geblieben. Das Hindernis auf dem Weg zur Einheit, zum universalen Bewusstsein ist die einseitige Identifikation mit dem vergänglichen Körper, mit unseren Gedanken und Gefühlen, ist die einseitige Überzeugung nur „Ich“ und nicht auch „Du“ zu sein, sind die Verirrungen die aus einem von der Einheit getrennten Bewusstsein entstehen. Angst, Ärger, Neid, Habgier, Missgunst, Sorgen sind die Kehrseite des Gewinns der Persönlichkeit.
Das Ego hat eine wichtige Mission für den Menschen. Es ermöglicht unser individuelles Sein. Wir sollten es nicht bekämpfen. Erkenne wer du wirklich bist und die negativen Auswirkungen des Egos lösen sich von selbst auf. Erfreue dich so viel wie möglich an dem, was dir das Leben schenkt, erfreue dich an deinen Talenten und Fähigkeiten, doch sei dir dabei stets der Vergänglichkeit aller Erscheinungen bewusst. Das Hängen an äußeren Erscheinungen führt zwangsläufig zu Leid, denn alles, was entsteht wird auch vergehen. Erkenne dass das Glück niemals von außen kommt. „Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters.“ Schönheit und Freude sind nur in dir. Äußere Erscheinungen können dich nur anregen sie wahrzunehmen.
Präsenz, Stille und Nicht-
Was ergibt sich aus den vorstehenden Zeilen konkret für die eingangs beschriebenen Fragen des jungen Seminarteilnehmers in Wernberg?
Durch die Vereinigung mit dem universalen Bewusstsein (über reine Wahrnehmung, neutrale
Zeugenschaft, Konzentration und Meditation, Yoga-
Bernd Helge Fritsch