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Essay-Brief April  2011

Das Kleinod des Shankara

© Bernd Helge Fritsch

 

Wie im letzten Erfolgsletter angekündigt, berichte ich diesmal weiter über das „Kleinod der Unterscheidung“ des großen indischen Weisheitslehrers Shankara. Für mich ist diese Schrift eine der tiefsten Beschreibungen des Weges zum eigenen Wesenskern, zur Erfahrung von Frieden, Geborgenheit und Glückseligkeit jenseits der dualen Erscheinungswelt.

Ich habe mich entschlossen, dieses 1200 Jahre alte Juwel in einer zeitgemäßen Fassung, ergänzt durch einen Kommentar, neu zu veröffentlichen. Dieses Buch wird in Kürze im Handel erhältlich sein.

Von Shankara stammen, wie überliefert wird, zahlreiche Erklärungen zu den alten indischen Weisheitsschriften (Veden, Upanishaden, Bhagavad-Gita). Das „Kleinod der Unterscheidung“ (Originaltitel: Viveka-Chudamani) gilt als sein bekanntestes und wichtigstes Werk. In ihm finden wir die Weisheiten der altindischen Lehren gleichsam in einer Nußschale zusammengefasst. Der Meister erklärt in dieser Schrift seinem Schüler die Natur des Atman, der unsterblichen Seele eines jeden Menschen.

Shankara zeigt auf wie das Universum „funktioniert“; wie der Mensch durch falsche Identifikation sein Ego schafft; wie Probleme und Leid entstehen und wie wir uns davon befreien können. Er erläutert die Einheit und den Unterschied zwischen dem Atman (individueller Wesenskern) und Brahman (universelles, reines Bewusstsein). Er erklärt, dass wir durch rechte Unterscheidung zwischen der Wirklichkeit und Nicht-Wirklichkeit die höchste Stufe des Bewusstseins, die Vereinigung mit Brahman erreichen. Brahman ist für ihn nicht einer der vielen Götter der hinduistischen Götterwelt, sondern die allumfassende Gottheit.

„Unterscheidung (Viveka) ist zu treffen zwischen dem was ewig und dem was vergänglich ist. Es gilt zu erkennen, dass Brahman die einzige wirkliche Realität ist und dass die äußere Welt nur eine Scheinwirklichkeit besitzt.“

 

Die Welt der Erscheinungen ist für Shankara eine Illusion. Diese Illusion wird durch die Göttin Maya mittels dreier Kräfte, die im Menschen wirksam sind, hervorgerufen. Diese Kräfte (Gunas) werden Rajas (Rastlosigkeit, Leidenschaft), Tamas (Dunkelheit, Trägheit ) und Sattva (Mitgefühl, Harmonie) genannt. Solange der Mensch nur die äußere, durch Maya geprägte Welt, kennt, sucht er am falschen Ort nach Liebe und Erfüllung. Die Vergänglichkeit aller Erscheinungen, insbesondere seines Körpers, bereiten ihm Unruhe und Angstgefühle. Er ist dem Karma und dem Rad der Wiedergeburt (Samsara) ausgesetzt.

„Die Menschen klammern sich an die vergänglichen Erscheinungen. Sie verfehlen die Verwirklichung ihres Seins. Sie versäumen die höchste Glückseligkeit, das Ziel der Reise, die Vereinigung mit dem universellen Bewusstsein, mit Brahman.“

 

Shankara erklärt eingehend die seltsame Wirkungsweise der Maya:

„Maya ist weder Sein noch Nicht-Sein noch hat sie Teil an beiden. Sie ist weder geteilt noch ungeteilt, noch eine Mischung von beiden. Sie ist höchst wundersam. Ihr Charakter ist schwer zu beschreiben.“

 

Wie ich in der Einleitung zu meinem neuen Buch über das „Kleinod“ schreibe, hat das Bekenntnis einer Religionsgemeinschaft anzugehören oder der „Glaube“ an diese oder jene religiöse Lehre oft wenig zu tun mit Spiritualität. „Ein spiritueller Mensch verbindet sich  mit der Dimension jenseits der sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen. Er geht hinaus über die Grenzen des Verstandes, der die Welt durch intellektuelle Analyse zu begreifen versucht. Er gibt sich nicht damit zufrieden, dass andere ihm über den Urgrund des Seins berichten, sondern er will diesen selbst erfahren. Dazu ist ihm allerdings jede Anleitung recht, die von einer transzendenten Schau getragen ist. In diesem Sinne möge auch diese Auseinandersetzung mit den Lehren des Shankara verstanden werden…“

 

Ausführlicher über die inspirierenden Botschaften des „Kleinods der Unterscheidung“ möchte ich im nächsten „Erfolgsletter“ berichten.

 

Mit herzlichem Gruß

Bernd Helge Fritsch